«Wie wisst ihr, wann ihr mit der Ernte beginnen könnt»? Diese Frage höre ich oft bei meinen Kellerrundgängen. Der Zeitpunkt der Ernte ist die wegweisende Entscheidung bei der Weinbereitung. Dahinter steckt eine komplexe, äusserst spannende Geschichte. Der Zuckergehalt allein reicht nicht. Die sog. Zuckerreife ist nicht gleich der aromatischen Reife. Fehlt diese, ist die Beere zwar süss, aber geschmacklos und uninteressant. Währenddem die Zuckerreife viel Sonnenschein benötigt, wünscht sich die Aromatik das Wechselspiel von warmen Tagen, kühlen Nächten und wohldosierten Niederschlägen. Die Traubensorte spielt eine wichtige Rolle. Frühreife Sorten wie Grenache noir, Syrah oder Chardonnay machen bei uns in der Regel den Auftakt. Der Schlusspunkt setzt die späte Sorte Cabernet Sauvignon. Die Charakteristik des angestrebten Weines berücksichtigen wir ebenfalls. Eine überreife Beere bringt eine andere Aromatik als eine knapp ausgereifte Traube.
Somit bestimmt eine Vielzahl von Faktoren den Erntebeginn. Während den Wochen vor der Ernte sind aufmerksame Beobachtungstouren durch den Rebberg angesagt. Und auf eine solche Tour nehme ich Sie jetzt mit.
Beginnen wir mit den augenfälligen Kriterien: Dem Gesundheitszustand, der Grösse und Farbe. Die Trauben wachsen von harten, jungen «Perlen» zu «grossen»1), saftigen Beeren. Die Farbe wechselt von grün zu gelb resp. rötlich. Auch die Traubenstiele ändern ihre Farbe und die reifen Beeren lassen sich leicht vom Stil zupfen.
1) Die Grösse der Beeren ist abhängig von der Traubensorte.